Eine russische Elterninitiative im Zentralural hat sich in einem offenen Brief an Präsident Wladimir Putin gewandt. Sie fürchten, dass der britische Superstar Elton John seine Ankündigung wahr macht und sich offen gegen das umstrittene Anti-Schwulen-Gesetz in Russland stellen könnte. Zwei geplante Auftritte sollten ihrer Meinung nach lieber gleich abgesagt werden.
„Der Sänger plant zu kommen, um die hiesigen Sodomiten zu unterstützen und das aktuelle russische Recht zu brechen, das zum Schutze der Kinder eingesetzt wurde“, zitiert Reuters den „Elternrat des Ural“ (Uralski Roditelski Komitet). Der Sänger, Pianist und Komponist soll am 6. Dezember in Moskau und tags darauf in Kazan auftreten. Bereits vor einigen Tagen kündigte dieser in der Tat in einem Interview mit dem britischen Guardian an, die Moskauer Schwulen-Bewegung unterstützen zu wollen.
Vor ihm hatten das bereits Lady Gaga, Madonna und mit einer provokanten Geste auch der Bassist der Bloodhound Gang getan. Die Folge: Die Visa-Regelungen für Künstler wurden verschärft. Das bekam erst vor wenigen Tagen auch Popstar Selena Gomez zu spüren. Sie musste alle Auftritte in Russland, Weißrussland und in der Ukraine canceln. Offenbar wollten ihr die russischen Behörden kein Visum erteilen. Die 21-jährige Ex-Freundin von Justin Bieber, die derzeit mit ihrer „Star Dance“-Tour unterwegs ist, hatte sich zwar selbst nicht zur russischen Gesetzgebung geäußert. Allerdings startete der US-Autor und LGTB-Aktivist John Becker eine entsprechende Petition auf Change.org. Darin wurde der einstige Disney-Star aufgefordert, die anstehenden Konzerte zu nutzen und sich hier für die Rechte der Schwulen und Lesben in Russland stark zu machen.
Das russische Anti-Schwulen-Gesetz ruft jedoch nicht nur prominente auf den Plan. Auch das deutsche Außenministerium hatte sich bereits kurz nach Inkrafttreten eingeschaltet. In Reaktion auf das neue Gesetz hat das Auswärtige Amt die Reise- und Sicherheitshinweise für die Russische Föderation verändert. Dort heißt es nun unter dem Punkt „Besondere strafrechtliche Vorschriften“:
„Homosexualität ist in Russland nicht strafbar. Jedoch ist die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Partnerschaften in der russischen Gesellschaft gering. Das russische Parlament (Staatsduma) hat (…) ein föderales Gesetz gegen ‚Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen‘ beschlossen. Durch das Gesetz drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation. Damit das Gesetz offiziell in Kraft tritt, muss es noch vom Föderationsrat (Oberhaus) angenommen und vom Staatspräsidenten unterzeichnet werden.
Kanada ging unterdessen noch einen Schritt weiter. Der dortige Flüchtlingsrat hatte Mitte August signalisiert, entsprechende Asylanträge wohlwollend zu prüfen. Das Land akzeptiert homosexuelle Asylsuchende in gleicher Weise wie verfolgte Mitglieder einer anderen Gruppierung, etwa einer religiösen oder ethnischen Minderheit. Asylsuchende können nach ihrer Ankunft in Kanada einen entsprechenden Antrag stellen, wenn sie eine Verfolgung durch ihre Regierung geltend machen.
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FIFA-Präsident Sepp Blatter sorgt sich offenbar um die aktuelle Stimmung gegen Homosexuelle in Russland. In Anbetracht der WM 2018 hat er sich per Brief und über persönliche Kontakt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt. Er verlangt umfassende Auflärung über die seit kurzem bestehende Anti-Schwulen-Gesetzgebung, die bereits im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi im Jahr 2014 einen internationalen Aufruhr provoziert hatten. Jüngste Aussagen der Russen zum Thema wirken derweil wenig vertrauenswürdig. Mal heißt es, Sportler und Fans haben nichts zu befürchten. Dann werden neue Drohungen laut.
„Von Seiten Putins Büro wurde mir zugesagt, dass ich alle Dokumente in der ersten Septemberwoche erhalte“, zitiert CBC Sports FIFA-Präsident Sepp Blatter, der in dieser Sache auch die Schweizer Botschaft um Unterstützung gebeten hat. Die FIFA hat sich in dieser Angelegenheit dem Internationalen Olympischen Komitee angeschlossen und sich nun ebenfalls an die russische Regierung gewandt. Beide Institutionen verlangen Aufschluss über die Frage, wie das Gesetz während ihrer jeweiligen Veranstaltung umgesetzt wird. Besonders groß ist die Sorge, ob Athleten und Fans einer Diskriminierung und letztlich auch Strafverfolgung durch die russischen Behörden ausgesetzt werden. „Gegenwärtig haben wir nur Proteste und Forderungen seitens unserer Fußball-, Sport- oder Olympia-Leute erhalten. Von Seiten der Russen habe ich bisher nichts Offizielles“, so Blatter, ebenfalls Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees.
Gemäß den Statuten der FIFA führt Diskriminierung zur Sperre oder gar zum Ausschluss von Einzelpersonen im Fußball oder Mitgliedsverbänden. Die Russen, so Blatter, würden das jedoch ganz anders sehen. In ihren Augen habe das nichts mit Diskriminierung zu tun. Ganz im Gegenteil würden sie das Ganze als Schutz von Minderheiten verkaufen. Eine Argumentation, die auch Blatter nicht gelten lassen kann. Er fordert nun den Beweis, dass es hier tatsächlich um Schutz und nicht um Diskriminierung geht. Blatter, so CBC weiter, habe vor, das Thema am 3. und 4. Oktober bei der Sitzung des 27-köpfigen FIFA-Exekutivkomitees anzubringen. Zugegen sein wird dann auch Russlands Sportminister Vitaly Mutko. Blatter wolle sich demnach noch vor dem WM2018-Meeting mit ihm in Zürich treffen. Darüber hinaus bot er in Anbetracht der Wahl des neuen IOC-Präsidenten am 10. September auch eine Vermittlung zwischen IOC und den russischen Behörden an.
Erst am vergangenen Donnerstag gab das IOC bekannt, dass man nun eine Antwort der russischen Behörden erhalten hätte. Nach Angaben von IOC-Präsident Jacques Rogge werde das russische Verbot der „Schwulen-Propaganda unter Minderjährigen“ nicht in Bezug auf die Teilnehmer und Gäste der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 angewandt. Allerdings: In dem Schreiben wird nicht direkt angesprochen, was mit Olympia-Athleten oder Fans geschehen wird, wenn es tatsächlich zu in Russland verbotenen Aussagen oder Gesten kommt. Bereits Anfang August versicherte Igor Ananskich, Chef des Staatsduma-Ausschusses für Körperkultur, Sport und Angelegenheiten der Jugend, dass das Thema während der Spiele nicht angeschnitten werde. Das Gleiche, zitierte ihn RIA Novosti, werde für alle größeren internationalen Wettkämpfe in Zukunft gelten.
Am 27. Juli dieses Jahres hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) eigentlich schon einmal von Russland Garantien dafür bekommen, dass das umstrittene Gesetz nicht für die Teilnehmer und Zuschauer der Spiele in Sotschi gelten wird. Nur Tage später lies der russische Sportminister Vitali Mutko allerdings Gegenteiliges verlauten: „Niemand verbietet einem Sportler mit nichttraditioneller sexueller Einstellung, nach Sotschi zu kommen. Sollte er aber auf die Straße gehen und diese propagieren, so wird er natürlich zur Verantwortung gezogen.“
Das erst im vergangenen Juni vom Parlament verabschiedete Gesetz fällt vor allem durch seine äußerst vage gehaltenen Formulierungen auf. Selbst das Zeigen einer Regenbogenflagge oder Hand in Hand durch die Straßen zu laufen, wird geahndet. Das Auswärtige Amt warnt bereits seit Wochen vor möglichen Folgen bei Reisen nach Russland. Durch das Gesetz, so heißt es dort, drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation (mehr hier).
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Für nicht wenige Damen ist der 41-jährige Wentworth Miller der Traummann schlechthin. Doch der „Prison Break“-Star muss seine weibliche Fangemeinde leider enttäuschen. In einem Brief an den Direktor der Internationalen Filmfestspiele von St. Petersburg stellte der Schauspieler jetzt klar, dass er eigentlich auf Männer stehe. Besonders pikant: Im fernen Russland werden Homosexuelle streng verfolgt. Eine Reise für ihn ist deshalb überhaupt nicht möglich.
Dem Brief gen Russland war eine Einladung nach St. Petersburg vorausgegangen, die Miller aber ablehnen musste. Seine Antwort fiel entsprechend aus: „Danke für Ihre nette Einladung. Als jemand, der Russlandbesuche in der Vergangenheit immer sehr genossen und selbst russische Wurzeln hat, würde es mich sehr freuen teilzunehmen. Doch als Homosexueller muss ich Ihnen leider sagen, dass ich ablehnen muss“, so Miller. Zuftiefst sei er über die aktuelle Haltung der russischen Regierung und der dementsprechenden Behandlung von homosexuellen Männern und Frauen besorgt.
„Die Situation ist in keiner Weise akzeptabel“, so der Schauspieler, der in der US-Serie als Michael Scofield zu sehen ist, weiter. Auf keinen Fall könne er guten Gewissens zu einem feierlichen Anlass wie diesem nach Russland reisen. In ein Land, in dem Leuten wie ihm systematisch ihr Grundrecht auf Leben und Liebe verweigert werde. Würden sich die Umstände eines Tages verbessern, dann würde er seine Entscheidung auch noch einmal überdenken.
Das erst im vergangenen Juni vom Parlament verabschiedete Gesetz hat international bereits für immenses Aufsehen gesorgt. Seine Tücke liegt vor allem in der äußerst vage gehaltenen Formulierung. Selbst das Zeigen einer Regenbogenflagge oder Hand in Hand durch die Straßen zu laufen, wird geahndet. Das Auswärtige Amt warnt bereits vor möglichen Folgen bei Reisen nach Russland. Durch das Gesetz, so heißt es dort, drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation (mehr hier).
]]>Kanadas Minister für Einwanderung, Chris Alexander, setzt ein klares Signal gegen die neue russische Anti-Schwulen-Gesetzgebung. Wie der Politiker am vergangenen Montag in Surrey verlauten ließ, habe Russland den falschen Weg eingeschlagen, indem es die Grundrechte seiner homosexuellen Bevölkerung beschneide. Er kündigte an: Jeder Antrag, der auf Grund dessen in Kanada gestellt werde, „wird sehr ernsthaft von unserem sehr großzügiges System betrachtet werden“.
Das neue Gesetz ist äußerst vage formuliert. Selbst das Zeigen einer Regenbogenflagge oder Hand in Hand durch die Straßen zu laufen, werde geahndet. Auch das Auswärtige Amt warnt bereits vor möglichen Folgen bei Reisen nach Russland. Durch das Gesetz, so heißt es dort, drohen selbst Ausländern bei der Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation (mehr hier).
Erste Anträge auf kanadisches Asyl gibt es bereits. Und nach Einschätzung von Anwalt Rob Hughes, der zwei homosexuelle Russen in dieser Sache vertritt, könnten es durchaus noch mehr werden. „Es ist sehr ermutigend. (…) Das sind sehr gute Neuigkeiten“, zitiert ihn The Globe And Mail. „Die Leute fühlen sich dort nicht sicher.“ Hughes, der sich auf auf Fälle rund um sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität spezialisiert hat, berichtet zudem, dass seine Mandanten von zahlreichen Personen berichtet hätten, die Interesse an einem Asyl in Kanada bekundet hätten. Dass es aber zu einer massenhaften Abwanderung aus Russland komme, glaubt er allerdings nicht. Hinderlich seien vor allem die damit verbundenen Kosten und die geltenden Visabestimmungen. Auch Szenerien, wie man sie aus dem Süden Europas kennt, sind aus seiner Erfahrung heraus, unwahrscheinlich. Die Flüchtlinge kämen eher einzeln oder als Paar, um Asyl zu beantragen. Andere fliehen zum Beispiel nach New York (mehr hier).
Kanada akzeptiert homosexuelle Asylsuchende in gleicher Weise wie verfolgte Mitglieder einer anderen Gruppierung, etwa einer religiösen oder ethnischen Minderheit. Asylsuchende können nach ihrer Ankunft in Kanada einen entsprechenden Antrag stellen, wenn sie eine Verfolgung durch ihre Regierung geltend machen. Gleiches gilt im Falle einer Verfolgung durch andere und mangelnden Schutz durch die eigene Regierung. Derzeit kommen zwischen 140 und 225 russische Bürger pro Jahr nach Kanada, um hier einen Flüchtlingsstatus zu erhalten. In der Regel wird etwa die Hälfte der Antrage angenommen. Detaillierte Statistiken, wie viele der Anträge auf Grund der sexuellen Orientierung gestellt wurden, gibt es bisher allerdigs nicht.
Bereits Mitte Juni dieses Jahres kritisierte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle das neue Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen”. Die bewusste Stigmatisierung und Strafandrohung gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen dürfe in einer modernen und dem Anspruch nach demokratischen Gesellschaft keinen Platz haben, zitierte Reuters Westerwelle. In die gleiche Richtung äußerte sich auch der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte, Markus Löning. Er sei „zutiefst betroffen“, durch das neue Gesetz würden „Homosexuelle noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt und die Presse- und Meinungsfreiheit noch weiter eingeschränkt“, so Löning in Berlin. Es sei aber die „Aufgabe der Regierung, gegen homophobe Stimmungen in der russischen Gesellschaft vorzugehen“. Die bewusste „Diskriminierung und Stigmatisierung von Schwulen und Lesben hat in einer modernen Gesellschaft keinen Platz“, sagte Löning weiter. Doch diese ist noch immer in alten Denkmustern gefangen (mehr hier).
Homo-Ehen: Russischer Patriarch sieht Weltuntergang nahen
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Nun legt der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill nach. Gleichgeschlechtliche Ehen seien ein Anzeichen für den bald anstehenden Weltuntergang. Diejenigen, die Homo-Ehen kritisieren seien ständigen Angriffen und Kritiken ausgesetzt. Der Westen befände aufgrund der rechtlichen Legalisierung von Homo-Ehen in einem Prozess der Selbstzerstörung.
„Wir müssen alles tun, um eine Legalisierung im heiligen Russland zu verhindern“, zitiert The Moscow Times den Patriarchen.
Präsident Wladimir Putin teilt die Ansichten Kirills. Am 30. Juni unterzeichnete er das Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen”. Darüber mit Minderjährigen zu sprechen ist ebenso verboten, wie sich etwa in Kundgebungen für deren Rechte einzusetzen.
Durch das Gesetz drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation. Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen nach Russland (mehr hier).
Homosexualität ist nach Ansicht vieler Russen eine Sache von Pädophilen und Faschisten (mehr hier).
]]>Das am 30. Juni von Präsident Wladimir Putin unterzeichnete Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen” befugt die russischen Behörden auch gegen Ausländer aktiv zu werden. Auswirkungen könnte das nicht nur auf den Tourismus, sondern sogar auf die anstehenden Olympischen Spiele in Sotschi 2014 haben.
Das neue Gesetz äußerst vage formuliert. Selbst das Zeigen einer Regenbogenflagge oder Hand in Hand durch die Straßen zu laufen, werde geahndet. Das Auswärtige Amt warnt bereits vor möglichen Folgen bei Reisen nach Russland. Durch das Gesetz, so heißt es dort, drohen auch Ausländern bei Weitergabe von Informationen, öffentlicher Demonstration und Unterstützung von Homosexualität Geldstrafen in Höhe von bis zu 100.000 Rubel (rund 2.300 Euro), bis zu 15 Tage Haft und die Ausweisung aus der Russischen Föderation (mehr hier).
Der Schritt kommt übrigens zu einem besonders kritischen Zeitpunkt. Die Vorbereitungen zu den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 laufen auf Hochtouren. Menschenrechtsaktivist Boris O. Dittrich, Direktor bei Human Rights Watch, kritisierte das Gesetz in einem Brief an den Generaldirektor des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Christophe De Kepper, scharf: „Die langjährige Position von Human Rights Watch ist, dass es keine erfolgreichen Olympischen Spiele geben kann, wenn es Diskriminierung oder Menschenrechtsverletzungen gibt“, zitiert ihn die Huffington Post. Ausländer – möglicherweise auch Sportler -, die das Gesetz verletzen würden, wenn sie etwa über ihre sexuelle Orientierung in der Öffentlichkeit sprechen würden, riskierten eine Geldbuße, 15 Tage Gefängnis und gar die Ausweisung.
Dittrich empfiehlt dem IOC einen dauerhaften Mechanismus zu installieren, um Maßstäbe für Menschenrechte für alle Olympischen Gastgeberländer durchzusetzen und diese schon in der Vorbereitung und während der Olympischen Spiele zu überwachen. Erst im vergangenen Monat hatte das IOC signalisiert, LGBT-Athleten während der bevorstehenden Olympischen Spiele in Russland zu unterstützen.
Bereits Mitte Juni dieses Jahres kritisierte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle das neue Gesetz gegen „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen”. Die bewusste Stigmatisierung und Strafandrohung gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen dürfe in einer modernen und dem Anspruch nach demokratischen Gesellschaft keinen Platz haben, zitierte Reuters Westerwelle.
Neben Westerwelle äußerte sich auch der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte, Markus Löning, zu den Ereignissen in Russland. Er sei „zutiefst betroffen“, durch das neue Gesetz würden „Homosexuelle noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt und die Presse- und Meinungsfreiheit noch weiter eingeschränkt“, so Löning in Berlin. Es sei aber die „Aufgabe der Regierung, gegen homophobe Stimmungen in der russischen Gesellschaft vorzugehen“. Die bewusste „Diskriminierung und Stigmatisierung von Schwulen und Lesben hat in einer modernen Gesellschaft keinen Platz“, sagte Löning weiter. Doch diese ist noch immer in alten Denkmustern gefangen (mehr hier).
]]>Der Schock am vergangenen Dienstag saß tief. Einstimmig billigte die Staatsduma das so genannte Anti-Schwulen-Gesetz. Homosexualität soll damit aus der russischen Öffentlichkeit verschwinden. Darüber mit Minderjährigen zu sprechen ist ebenso verboten, wie sich etwa in Kundgebungen für deren Rechte einzusetzen. Wer dagegen verstößt, muss mit empfindlichen Strafen von bis zu 31.000 US-Dollar rechnen. Mit Protestaktionen hatte die homosexuelle Community bis zuletzt versucht dagegen anzugehen. Angegriffen wurden sie jedoch nicht nur von den Sicherheitskräften, sondern auch von orthodoxen Christen und Kreml-Aktivisten. Mit schwulenfeindlichen Bannern ausgestattet, starteten sie eine Gegendemonstration. Ihr Credo: „Abgeordnete, schützt uns vor perversen Leuten!“
„Das Argument, dass man junge Leute dazu bringen kann, homosexuell zu werden, mag veraltet sein. Doch tatsächlich ist es im modernen Russland noch immer präsent“, so die Zeitung The Atlantic in einem Beitrag zum Thema. Das ginge sogar so weit, dass Homosexualität und Kindesmissbrauch in einen Topf geworfen und internationale Superstars wie Madonna für ihre klaren Worte abgestraft würden. Schauriger Gipfel des Schwulenhasses: Im vergangenen Mai wurde ein junger Mann nach seinem Outing in Wolgograd zu Tode gequält.
Die Wurzeln hierfür sind nach Ansicht des Blattes in der Vergangenheit zu suchen. Noch zu Sowjetzeiten sei Homosexualität ein Verbrechen gewesen und mit Gefängnis und Zwangsarbeit bestraft worden. Noch während der 60er und 70er Jahre wirkte diese stalinistische Anti-Homosexuellen-Politik. Homosexuelle seien als „Außenseiter“ betrachtet worden. Homosexualität, so die weit verbreitete Meinung, sei eine Sache von Pädophilen und Faschisten.
Maßnahmen wie dieses Propaganda-Verbot würden nun zeigen, dass viele Russen diese Ansichten noch immer nicht ad acta gelegt hätten. Und das selbst Jahrzehnte nach Ende des Regimes. „Als Stalins antihomosexuellen Gesetz im Jahr 1993 aufgehoben wurde, gab es keine Amnestie für diejenigen, die noch wegen Sodomie im Gefängnis saßen“, so etwa der Professor für Geschichte Dan Healey, ein Experte für Homosexualität in Russland. Seit den 90er Jahren, so das Blatt weiter, hätten die Russen zudem unglaubliche wirtschaftliche Turbulenzen, einen Verlust von öffentlichen Dienstleistungen in vielen Bereichen, und die weit verbreitete Korruption erlebt. Alles Faktoren, die, so Yvonne Howell, eine russische Professorin an der University of Richmond, das Ausbilden negativer Stereotypen vorantreiben würden.
Das Ergebnis all dieser Erfahrungen liegt, so The Atlantic, auf der Hand: „Nur 16 Prozent der Russen heute sagen, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte, verglichen mit 42 Prozent in der Nähe des (ebenfalls einst kommunistischen) Polen.“ Interessanterweise würde sich die russische Gesellschaft damit aber einem weltweiten Trend entziehen, der Homophie und starke Religiösität miteinander in Verbindung bringt. Denn: Die Russen würden sowohl Gott als auch Homosexuelle ablehnen, wie die Chinesen. Russland gilt derzeit als eines der am wenigsten gläubigen Länder auf der Erde, mit nur 33 Prozent, die sagen, Religion sei in ihrem täglichen Lebe sehr wichtig.
Doch obschon die Russen keine Kirchgänger sind, fühlen sich die meisten der Orthodoxen Kirche innig verbunden, identifizieren sich und ihr Russischsein über den Glauben. Und diese, die stark mit Putin und dem Kreml verknüpft ist, übt nicht nur religiöse Macht über ihre Schafe aus. Religion, das ist zugleich so etwas wie nationale Tradition, die einher gehe mit dem „Festhalten an moralischen und ethischen Standards“. Das Kirchenoberhaupt, Patriarch Kirill, jedenfalls mache keinen Hehl aus seiner Einstellung zum Thema Homosexualität. Alternative sexuellen Orientierungen seien für ihn ein regelrechtes „soziales Übel“. „Die Kirche hat eine sehr starke Anti-Homosexuellen-Rhetorik, die mit der Zeit immer stärker wird“, sagt auch ein Aktivist in St. Petersburg zu PRI. Vor fünf Jahren, hätte sie das Ganze noch ignoriert, jetzt würden sie sagen, dass Homosexualität eine Sünde sei. Wie stark die Verflechtungen zwischen Kirche und Kreml seien, so das Blatt weiter, hätte aber nicht zuletzt der Fall der Protest-Punk-Band Pussy Riot gezeigt.
Putins Regierung scheint sich derzeitjedenfalls an die uralte russisch-sowjetische Idee zu halten, dass der Herrscher das Land an eine moralische Agenda klammern sollte. Die Abgeordneten scheinen ganz zufrieden damit, sich hier an die Kirche lehnen zu können. Von der öffentlichen Intoleranz würden sie darin sogar bestärkt. Der Frontverlauf ist mit dem jetzigen Anti-Schwulen-Gesetz jedenfalls klar.
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