In Russland gibt es im diesjährigen Duma-Wahlkampf erstmals die Möglichkeit, Wahl-Manipulationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch wenn ähnlich viele Verstöße wie schon 2007 verzeichnet werden – die Wahrnehmung ist eine andere: „Die Reaktion der Öffentlichkeit auf Verstöße gegen die Wahlordnung hat sich gebessert. Das ist heute ganz anders, die Öffentlichkeit reagiert sehr interessiert“, sagt Lilija Schibanowa von GOLOS, einer Nichtregierungsorganisation „Zur Verteidigung der Rechte der Wähler“.
GOLOS hat ein russlandweites Netzwerk von Wahlbeobachtern aufgebaut. Als „Multiplikator“ dient nun auch das Internet und die neu geschaffene Web-Plattform kartanarusheniy.ru. In einer Zusammenarbeit mit gazeta.ru handelt es sich dabei um eine Art von „Crowdsourcing“: Jeder russische Wähler kann online oder per Hotline Missstände melden. Diese Manipulationen sind dann auf einer Landkarte sichtbar. GOLOS spricht von bisher 2.719 eingegangenen Meldungen.
Für ein „Occupy Russia“ oder einen „russischen Frühling“ nach dem Vorbild der Internet-Revolutionen in Ägypten, Tunesien oder den USA ist es in Russland wohl noch einige Jahre zu früh. Aber nicht nur der russische Präsident Medwedew hat die sozialen Medien für sich entdeckt (und das Online-Spiel „Angry Birds“ – mehr hier). Die steigende Verbreitung von Smartphones ermöglicht heute die einfache Belegung von Verstößen gegen die Wahlordnung durch Video- und Audiomaterial (wie zum Beispiel von einem Schüler – mehr hier).
Das Webprojekt und GOLOS insgesamt stehen immer wieder unter Beschuss: Die Website an sich liegt zwar nicht in Russland und wir von gazeta.ru mitbetreut. Die telefonische Hotline wurde schon mehrmals tagelang lahmgelegt.
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