Offen hatte Kirill Russlands neuen/alten Präsidenten Wladimir Putin in dessen von heftigen Protesten begleiteten Wahlkampf um weitere sechs Jahre im Kreml unterstützt. Dem Internet steht der Patriarch, übrigens wie sein katholischer Kollege in Rom, durchaus kritisch gegenüber. Jetzt ist der weißhaarige Kirill, der bereits mehrfach vor einer “Manipulation” im Internet gewarnt hat, am oberen Seitenrand seiner Facebook-Präsenz zu sehen. Tief versunken im Gebet, daneben ein großer goldener Kelch und ein Kruzifix. “Es ist keine persönliche Seite von Patriarch Kirill. Es ist eine offizielle Informationsseite des Moskauer Patriarchats”, erklärt Alexander Volkov gegenüber den russischen Medien, um falschen Vorstellungen vorweg zu greifen. Über diese Seite, so stellt er deutlich heraus, könne kein persönlicher Kontakt zum Kirchenoberhaupt hergestellt werden.
Patriarch warnt vor “Manipulation” im Netz
Dennoch: Der Schritt in die Gemeinde der Facebook-User, die mittlerweile fast eine Milliarde Menschen umfasst, kommt nicht von Ungefähr. “Es gibt ein wachsendes Interesse im Internet, an dem, was der Patriarch tut und wohin er reist. Dies ist ein Schritt, die Internet-User auch zu treffen”, so ein Sprecher der Orthodoxen Kirche gegenüber dem “Chicago Tribune”, der nicht genannt werden will. “Der Patriarch selbst nutzt das Internet ebenfalls, um nach Informationen suchen.”
Verstärkt in den öffentlichen Fokus rückten Kirill und seine Kirche im Zusammenhang mit Protesten der russischen Punkband “Pussy Riot” (vor dem Altar der Hauptkathedrale Russlands hat die feministische Gruppe blasphemische Lieder gesungen – mehr hier, Amnesty International forderte ihre Freilassung – mehr hier). Noch immer befinden sich drei Bandmitglieder in Haft. Kirills Rufe nach drakonischen Strafen für die Frauen hat die Öffentlichkeit gespalten und eine Debatte über die Rolle der Kirche in der Politik entzündet. Kirill hat Putin verteidigt und die 12-jährige Herrschaft des ehemaligen KGB-Spions als “ein Wunder Gottes” bezeichnet.
Auf Kirills Facebook-Seite finden sich nun eine Reihe von Bildern, die ihn bei Treffen mit Gläubigen zeigen. Nur Stunden nach ihrer Freischaltung, so heißt es weiter, habe die Seite bereits 900 “likes” einstreichen können. Mittlerweile sind es fast 3000 (Stand 16.5. 15.45 Uhr).
Patriarch Kirill wegen luxuriösen Lebensstil in der Kritik
Auf dem Höhepunkt der Anti-Putin-Russland Protestbewegung, die großteils über Social Networking Seiten wie Facebook und Twitter organisiert wurde, warnte Kirill übrigens davor allzu großes Vertrauen in das Internet zu setzen, der “Manipulation” von Menschen sei hier Tür und Tor geöffnet. Doch nicht nur Putin gilt es offenbar zu verteidigen, auch seine Kirche selbst. Erst letzten Monat hielt Kirill Tausende Gläubige zum Gebet an, um die Kirche von einem Angriff anti-russischer Kräfte zu verteidigen, die seine Autorität zu untergraben suchen. So haben ihn Kritiker beschuldigt, dass sein pompöses Verhalten eines Patriarchen unwürdig sei. Angeblich besitze er eine Luxusuhr und hätte Tausende Dollar gemacht als er eine Klage gegen die Nachbarn seiner Wohnung im Zentrum Moskaus gewonnen hat.
Die russisch-orthodoxe Kirche hat seit dem Ende der atheistischen Sowjetunion mitsamt seiner kommunistischen Herrschaft im Jahr 1991 eine starke Renaissance erfahren und seither eine zunehmend aktive Rolle in der Politik eingenommen. Und auch im Internet ist man nicht erst seit gestern aktiv: Der Pressedienst des Patriarchats hat bereits eine eigene Facebook-Seite. Im Jahr 2010 eröffnete die russisch-orthodoxe Kirche bereits ihren eigenen YouTube-Kanal.
Hier geht es direkt zur Facebook-Seite.
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