Imperiale Pracht im Großen Kremlpalast versus Prügel für Oppositionelle: Die Amtseinführung Wladimir Putins zum russischen Präsidenten samt seiner heftigen Begleiterscheiungen dominieren die Gazetten, wenn es an diesem Montag um Russland geht. 3000 Gäste wohnten der Zeremonie bei, sechs russische TV-Sender übertrugen live. Der aufwendige Akt ließ vergessen, dass es bereits am vergangenen Sonntag zu Großdemonstrationen gekommen war und auch an diesem Montag die Polizei durch ihr hartes Vorgehen “glänzte”. Rund 30 Verletzte und mehr als 400 Festgenommene, so die traurige Bilanz allein in Moskau.
Die Unzufriedenheit der Bürger ist offensichtlich. Diese in seiner dritten Amtszeit zufriedenzustellen, das dürfte für Wladimier Putin wohl der härteste Job werden, den er bisher zu bewältigen hatte. Gerade die junge Bevölkerung sehnt sich nach mehr Freiheiten und Rechte. Putins Polizeistaat – das geht so gar nicht mit ihren Vorstellungen von einem selbstbestimmten Leben einher.
Russland braucht fünf bis sechs Prozent Wachstum
Doch dieses Leben kann nur auf einer gesunden wirtschaftlichen Basis gedeihen. Für Russlands Finanzminister Anton Siluanov ist deshalb klar: Russland braucht jährliche Wachstumsraten von fünf bis sechs Prozent. Das Land, so der Politiker an diesem Montag gegenüber Reportern nach den wirtschaftlichen Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren gefragt, muss sich “um Investoren bemühen”, um diese nachhaltig zu steigern. “Ich denke, dass drei bis vier Prozent (jährliches BIP-Wachstum) nicht hoch genug sind. Wir brauchen mehr als vier Prozent, besser fünf bis sechs Prozent.” Um das zu erreichen, müssten entsprechende Rahmenbedingungen für Unternehmungen geschaffen werden. Investoren und Investitionen müssten ins Land gelockt werden. Viel mehr als sonst, das wird schnell deutlich, müsse sich um die Geldgeber bemüht werden. Gerade ausländische Unternehmungen sollten dazu ermutigt werden, hier ihre Produktionsstätten aufzubauen.
Ob Putin Siluanovs Appell vernommen haben mag? Der Finanzminister sprach just in dem Augenblick mit der Presse als dieser den Staffelstab von Vorgänger Medwedjew für weitere sechs Jahre als Präsident entgegennahm. Fest steht, er täte gut daran: So musste die Regierung ihr prognostiziertes Wirtschaftswachstum für 2012 bereits von 3,7 auf 3,4 Prozent herunterschrauben. Der Grund: Die Investition fielen schwächer als erwartet aus. Im vergangenen Jahr wuchs Russlands Wirtschaft noch um 4,3 Prozent, aber die meisten Analysten rechnen mit einer gewissen Verzögerung in diesem Jahr als Folge einer insgesamt schwächeren Weltwirtschaft.
Verbessertes Geschäftsklima: Putin ohne konkrete Ideen
Auch Putin, der sich bereits seit 2000 an der Macht hält und nach vier Jahren nun wieder ins Präsidentenamt zurückkehrte, blieb diese Negativ-Entwicklung nicht verborgen. Er kündigte bereits an mehr ausländische Investitionen anziehen zu wollen, indem er das Geschäftsklima verbessern wolle. Wie er das jedoch erreichen will, darüber schweigt er sich derzeit noch aus.
Klar ist, dass die russische Gesellschaft anhaltend schrumpft und somit natürlich auch das wirtschaftliche Wachstum des Landes gefährdet ist. Also ein durchaus bedeutsamer Diskussionsansatz.