FINANZEN

Russische Milliardäre: So halten sie ihr Geld von Putin fern

Wohin bringen Menschen wie Alisher Usmanov, Viktor Vekselberg oder Vladimir Lisin eigentlich ihre nicht immer sauer verdienten Brötchen, um sie vor dem russischen Kader zu schützen? Auf jeden Fall ins Ausland. Holdinggesellschaften fern der Heimat sind der letzte Schrei, wenn es darum geht, das eigene Geld außerhalb Putins Reichweite zu bringen. Das ist spätestens seit Offshore-Leaks kein Geheimnis mehr. Doch je mehr der sich anstrengt, das Geld zurückzuholen, desto weiter rückt es in die Ferne.

Alisher Usmanov zum Beispiel hat die Kontrolle über das meiste seines 20 Milliarden-Dollar-Vermögens im vergangenen Jahr einer Holding auf den Britischen Jungferninseln, einer Ansammlung von mehr als 60 Inseln 5600 Meilen weg von Moskau, übertragen. Der reichste Mann Russlands und einer der ersten Investoren in Facebook, besitzt die USM Steel & Mining Group Limited in Zypern. Zugleich gibt es nun die USM Holding auf den British Virgin Islands. Für ihn ist es ein Leichtes, das Firmen-Vermögen von der Tochter auf die Holding zu transferieren – weitab der russischen Heimat. Das berichtet Bloomberg.

Und das nicht ohne Grund: „Offshores sind derzeit die wichtigsten Instrumente für russische Geschäftsleute, um ihr Vermögen vor staatlichen Behörden, Konkurrenten und alle Arten von Räubern zu schützen“, erläutert Valery Tutykhin, Jurist bei John Tiner & Partners, einer in Genf ansässigen Anwaltskanzlei, die sich auf Vermögensverwaltung spezialisiert hat, im Gespräch mit dem Blatt. Allen voran die russische Oberschicht:  So würden etwa die 20 reichsten Russen, die laut dem „Bloomberg Billionaires Index“ ein gemeinsames Vermögen von 227 Miliarden Dollar halten, allesamt einen Teil ihrer Vermögen durch Beteiligungsgesellschaften, die außerhalb ihres Heimatlandes registriert seien, steuern.

Milliärdäre ziehen sich den Zorn Putins zu

Das gemeinsame Ziel: Die Milliardäre, von denen die meisten ihr Vermögen während der Gewalttätigkeit und Unberechenbarkeit des postkommunistischen wirtschaftlichen Umfelds aufgebaut hätten, verwendeten die Holdings um ihren Reichtum fernab der Heimat zu verwalten, zu bewahren und ihn vor allen Dingen zu verbergen – eine Taktik, mit der sie bereits den Zorn des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf sich gezogen hätten.

Neben Usmanov gäbe es da zum Beispiel Viktor Vekselberg. Der 56-Jährige halte die Mehrheit seines 14,8 Milliarden Dollar-Vermögens durch die Renova Holding mit Sitz auf den Bahamas. Unter den Vermögenswerten der Gesellschaft soll auch eine sieben Prozent-Beteiligung bei United Co. Rusal, dem weltweit größten Aluminium-Produzenten, sein. Der gleichaltrige Vladimir Lisin wiederum steuert seine 85 Prozent Anteile an der börsennotierten OAO Novolipetsk Steel, Russlands wertvollstem Stahlhersteller, durch eine auf  Zypern ansässige Holding, die so genannte Fletcher Group Holdings Ltd. Und der 49-jährige Mikhail Fridman? Der kontrolliert seine Banken-, Handesl- und Telekommunikations-Vermögenswerte durch die in Moskau ansässige Alfa Group, welche sich im Besitz der in Gibraltar registrierten CTF Holdings befindet.

Präsident Putin gefällt das natürlich gar nicht. Er kündigte bereits an, das Geld wieder nach Russland holen zu wollen.  Erst im vergangenen Jahr riss er die Kontrolle über die bundeseigene Finanzdienstleistungsaufsicht an sich, ein Exekutivorgan zur Bekämpfung von Geldwäsche. Die Staatsduma führte zudem eine Reihe von Änderungen bei den bestehenden Gesetzen durch, die eine Verschärfung der Kontrolle von Finanztransaktionen bei Unternehmen nach sich zogen. Darüber hinaus bleibt Putin derzeit allerdings nur die Hoffnung, dass Russlands Superreiche ihr Vermögen am Ende auch wieder in der Heimat reinvestieren. Und diese erfüllen ihm Vekselberg, Fridman, Len Blavatnik nach dem Verkauf ihrer TNK-BP-Anteile offenbar gern – zumindest auf dem Papier: So ließen sie in einer gemeinsamen Erklärung zu seiner Beruhigung verlauten:  „Russland war und bleibt die grundlegende Plattform für Investitionen.“ Doch wann?

Russische Milliarden – kaum etwas fließt zurück in die Heimat

Denn bisher, so Bloomberg, sei ausgesprochen wenig Geld nach Russland zurückgeflossen. Fridman und seine Partner bei Alfa Group etwa hätten am 18. März bekannt gegeben, dass sie eine global tätige Investmentgesellschaft, die Energie-und Telekommunikations-Anlagen anstrebe, ins Leben rufen würden.  Zwei Wochen später bot Fridmann dann jedoch an, durch Altimo, ein Segment von Alfa auf den Virgin Islands, eine Minderheit an der in Kairo ansässigen Orascom Telecom Holding SAE zu erwerben. Ein Deal über immerhin 1,8 Milliarden Dollar.

Warum die Reichen der Reichsten lieber der Heimat fern bleiben, liegt auf der Hand.  „Die Bildung einer Holding ermöglicht es uns, Geschäftsprozesse zu optimieren, die Effizienz der Verwaltung der Tochtergesellschaften zu steigern und bietet mehr Möglichkeiten auf dem internationalen Kapitalmarkt“, so etwa Usmanov per E-Mail an Bloomberg im vergangenen Februar. Daneben, und das erwähnt dieser in seiner Email natürlich nicht, geht es auch um weniger Steuern und die Ferne zu den Klauen des russischen Rechtssystems. Gerade die Virgin Islands, die sich hier am britischen System orientieren, gelten als besonders attraktiv. Ähnlich stand es mit Firmensitzen auf Zypern. Auch hier profitierte man von niedrigen Steuersätzen und dem 1998 geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen.

Je härter Putin also durchgreifen will, je komplizierter Geldtransfers werden und je größer die Kontrolle über diese,  desto mehr Gründe gibt es für Russlands Reiche ihre Vermögenswerte im Ausland zu halten.

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