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Das war kein Versehen: VKontakte landet auf russischer Blacklist

Die russische Version von Facebook ist unter Beschuss. Bereits in der vergangenen Woche landete VKontakte auf der Zensurliste. Die hiesige Medienaufsicht spricht von einem Versehen. Doch das Soziale Netzwerk ist mehr als ein Portal zum Freunde treffen. Es ist ein Tummelplatz der Opposition.

VKontakte – das Refugium der Opposition ist in Gefahr. (Foto: karmaoverdogma/flickr)

Das russische Netzwerk VKontakte wurde am vergangenen Freitag auf die russische Blacklist gesetzt. Die russische Medienaufsicht Roskomnadzor verfügte am 24. Mai, dass das Soziale Netzwerk zu sperren sei. Das ergab eine entsprechende Abfrage der Datenbank, auf der sich beanstandete Seiten finden (mehr hier). Schnell machten darauf hin Meldungen die Runde, dass  das gesamte VKontakte-Angebot auf dem Online-Index stehen würde. Dann, am Freitagvormittag die Kehrtwende:  Die Sperraufforderung verschwand wieder aus der Regierungsdatenbank. Ein „Fehler“ soll das Ganze gewesen sein, zurückzuführen auf „menschliches Versagen“.

Kreml versus VKontakte

Wirklich? Nicht nur für den russischen Medienanalysten und Blogger Oleg Kozyrev ist klar: Hier geht es um mehr.  Kreml versus VKontakte lautet das Gebot der Stunde. Die Auseinandersetzungen zwischen den russischen Machthabern und VKontakte-Gründer Pawel Durow sind seit langem bekannt – spätestens seit Ende 2011 Oppositionelle damit begannen, Demonstrationen über das Soziale Netzwerk zu koordinieren und sich über die Ballungszentren hinweg bis in entlegene Regionen hinein zu organisieren.

Der Inlandsgeheimdienst (FSB) war schnell alarmiert. Doch der Sperrung einiger Foren so ganz ohne Gerichtsbeschluss, das wollte Durow ihnen nicht durchgehen lassen. Der 28-Jährige geriet darauf hin selbst ins Visier des Machtapparats, bekam seine Repressalien zu spüren. Zuletzt tauchte der gebürtige St. Petersburger, dessen Erfindung täglich rund 47 Millionen User anzieht, sogar unter, weil er angeblich in einen Unfall verwickelt gewesen sein soll (mehr hier), Seither wurde er nicht mehr gesehen, schlimmer sollte es aber dennoch kommen.

Feindliche Übernahme von VKontakte

Die feindliche Übernahme seines Netzwerkes hatte begonnen. United Capital Partners (UCP), eine Private-Equity-Firma mit engen Verbindungen zum Kreml, kaufte Aktienanteile in Höhe von 48 Prozent von Durows Gründungspartnern Vyacheslav Mirilashvily und Lev Leviyev auf. Durow selbst hatte derartigen Versuchen immer widerstanden. Nun scheint er mit einem Anteil von gerade einmal zwölf Prozent geradezu eingekreist. Denn auch der andere Großaktionär von VKontakte – mit einem 39,9-Prozent-Anteil – das Online-Unternehmen Mail.ru, wird vom Kreml-freundlichen Tycoon Alisher Usmanov gesteuert. Noch ist Durow jedoch erlaubt, im Namen der Aktien, die im Besitz von Mail.ru. sind, abzustimmen. Noch.

„Ich würde das, was im Moment passiert, als eine Lektion, im schlechten Sinne, bezeichnen“, zitiert Radio Liberty den Blogger Oleg Kozyrev. „Es ist ein Versuch, die russische Online-Community zu lehren, nachgiebiger, weniger unabhängig, und ehrerbietiger zu sein.“ Kozyrev und einige andere Online-Aktivisten sind seit langem der Überzeugung, dass das umstrittene Jugendschutzgesetz, das angeblich entwickelt wurde, um Kinder zu schützen, leicht missbraucht werden kann, um andere zu schikanieren und letztlich jede Website, die  problematisch ist, von den Behörden schließen zu lassen. Und in der Tat, die jüngste Aktion der russischen Behörden ist nur die Spitze in einer ganzen Reihe von Maßnahmen, um Andersdenkende, nicht nur innerhalb des 2006 gegründeten Netzwerks VKontakte, mundtot zu machen.

Atmosphäre der Angst im Internet

Derweil, so berichtet Radio Liberty weiter, würde UCP beteuern, Durow nicht absägen zu wollen. Online-Aktivisten halten das jedoch nur für eine Frage der Zeit. „All das geschieht, um eine Atmosphäre der Angst im Internet zu erzeugen“, so Kozyrev. Seiner Ansicht nach gebe es einen Trend Druck in Richtung der unabhängigen Manager auszuüben und diese am Ende durch ihre Management-Teams zu ersetzen.

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