Im Jahr 2007, als Russland den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele in Sotschi erhielt, wurden die Kosten für das Projekt auf etwa 12.2 Milliarden US-Dollar geschätzt. Schon drei Jahre später, das berichtet das Nachrichtenmagazin Bloomberg, sah das schon ganz anders aus. Nun war von Seiten des russischen Ministeriums für regionale Entwicklung von satten 30.6 Milliarden US-Dollar die Rede.
Ein Wert, der diesen Monat nun noch einmal getoppt wurde. Pünktlich zur großen Inspektion der Sportstätten durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin, schossen die Zahlen nun auf 50 Milliarden US-Dollar in die Höhe. Die Folge: Die russischen Winterspiele in Sotschi könnten gut und gern zum teuersten Olympia-Spektakel aller Zeiten werden.
Putin findet Sündenbock und feuert ihn
Putin selbst soll über diese Entwicklung alles andere als begeistert gewesen sein. Exemplarisch nennt das Blatt die um zwei Jahre überschrittene Deadline für den Bau der Sprungschanze und die Tatsache, dass die Kosten fast um das Siebenfache gestiegen seien. Verantwortlich gemacht wurde dafür kein Geringerer als Akhmed Bilalov, stellvertretender Leiter des russischen Olympischen Komitees und bis vor kurzem Chef des Unternehmens, das mit dem Bau der Schanze betraut worden war. Der Präsident fackelte nicht lange: Der einflussreiche Geschäftsmann aus der benachbarten Region Dagestan wurde sofort aus dem Olympischen Komitee gefeuert.
Ein Vorfall, der darauf hin schnell zum Gegenstand politischer Spekulationen wurde. Wurde Bilalovs Engagement für das Sotschi-Projekt vom ehemaligen Präsidenten und heutigen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew, der bei seinem alten Freund und Mentor Putin in Ungnade gefallen ist, sanktioniert? Oder gab es Ungereimtheiten zwischen den beim Bau der Olympischen Stätten beteiligten Unternehmen? Laut dem Portal ports.ru sollen jedenfalls eine Menge Firmen hinter Putins Entscheidung gestanden haben, als dieser sich vom stellvertretenden Leiter des russischen Olympischen Komitees trennte. Ob sie es allerdings besser gemacht haben, das stellt die Seite einmal dahin.
Bilalov selbst soll sein Ausscheiden jedenfalls erhobenen Hauptes hingenommen haben, während Putin sich mit der Identifizierung eines Sündenbocks zufriedengab. “Im Großen und Ganzen”, so lässt er die Presse wissen, “gehen die Arbeiten zufriedenstellend voran.” Zwar gäbe es Probleme und Fragen hinsichtlich der Kosten einzelner Bauten, er hoffe jedoch auf eine fristgerechte Lösung und werde im September 2013 sowie im Januar 2014 zu weiteren Inspektionen nach dem Rechten sehen.
Schon jetzt drei Viertel des Budgets ausgegeben
Nach Schätzungen von Bloggern könnte Putin dann allerdings weitere böse Überraschungen erleben. Schon jetzt, so rechnen sie vor, seien drei Viertel des 1,5-Billionen Rubel Budgets ausgegeben. Jeder weitere verbleibende Tag bis zur Eröffnung koste Russland weitere 35 Millionen US-Dollar. Das sind riesige Dimensionen, konstatiert auch Slon.ru. Sie seien sogar einzigartig. Der Konsens unter den Bloggern und Journalisten, die über Olympia berichten, ist derzeit klar: Sie glauben fest, dass der Großteil des Geldes unterschlagen wird. Das Ausmaß, in dem Fonds verschwinden, ist direkt proportional zur Größe des Projekts, bringt es die Novaya Gazeta auf den Punkt. Während für kleiner Projekte ein Schwund von etwa 30 Prozent normal sei, würde er diesmal bei sagenhaften 60 bis 70 Prozent liegen. Das Ganze habe ein unglaubliches Ausmaß erreicht. Und die Täter, da ist man sich sicher, würden mittlerweile noch nicht einmal mehr Putins Zorn fürchten.
Noch, so schließt Bloomberg, gebe es keine Beweise für illegale Aktivitäten. Alles deute jedoch darauf hin, dass die Winterspiele von Sotschi 2014 2,5 Mal so viel kosten werden wie die legendären Sommerspiele 2012 in London. Was man mit dem verschwendeten Geld in Russland tatsächlich hätte bewirken können, das mögen sie sich nicht einmal vollständig auszumalen. Eines ist jedoch sicher, Putin wird das Projekt in einer der wärmsten Regionen des Landes weiter vorantreiben und dafür sorgen, dass die Nation am Ende so gut wie möglich da steht – wenn auch nur vordergründig.
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