UMWELTSCHUTZ

Medwedew warnt: Russland muss Umweltverschmutzung in den Griff bekommen

Der russische Premier Dmitri Medwedew hat Sorge um die Umwelt seiner Heimat. Der Politiker forderte während eines Regierungstreffens an diesem Donnerstag, dass man in Gegenden, deren Umwelt besonders belastet sei, aktiv werden und endlich Maßnahmen ergreifen müsse.

Norilsk gilt derzeit als die am meisten verschmutzte Stadt in ganz Russland. (Foto: Nina Stawski/flickr)

“Fachleute sind der Ansicht, dass sich gut 15 Prozent des russischen Gebietes in einem kritischen ökologischen Zustand befinden”, zitiert Ria Novosti Dmitri Medwedew.  Und der warnt weiter: “In 135 russischen Städten wird die Schadstoffbelastung der Luft als hoch bis sehr hoch eingestuft.” Besondere Sorgen bereiten dem russischen Premier in diesem Zusammenhang offenbar die Themen Bodenverunreinigung, die anhaltende Abhängigkeit von fragwürdigen Deponien, das Thema Recycling sowie ein schlechtes Management vieler russischer Abfall-Deponien.

Russische Regierung arbeitet Aktionsplan aus

Die russische Regierung, so Medwedew, würde jedoch bereits an der Entwicklung eines Aktionsplanes arbeiten, um die Auswirkungen von Verschmutzung auf die Umwelt zu verringern. Darüber hinaus sollen die Wiederherstellung und Erhaltung der Ökosysteme in Angriff genommen, aber auch strengere Umwelt-Monitoring-Prozesse eingeführt werden. Welche konkreten Schritte hier angedacht sind und wann und wie diese umgesetzt werden, dazu machte er allerdings keine Angaben.

Dabei ist das Thema Umweltverschmutzung nicht erst seit gestern auf der Agenda der Umweltschützer. Akut wurden die Bedenken zuletzt im Sommer 2010, als Moskau unter einer giftigen Smogdecke verschwand. In der ganzen Stadt herrschte Ausnahmezustand. Die Temperaturen kletterten seinerzeit auf über 38 Grad, zeitweise überstieg die Konzentration des Kohlenmonoxids in der Luft den zugelassenen Grenzwert gar um das Siebenfache. Wer es sich leisten konnte, der floh – nach Ägypten, in die Türkei oder nach Montenegro. Auch zahlreiche Tote waren zu beklagen.

Dann Ende März 2011 die Ankündigung durch Ministerpräsident Wladimir Putin, industrielle Umweltverschmutzer schärfer zu bestrafen. Bis 2020, erläuterte in diesem Zusammenhang Umweltminister Yury Trutnev, müssten Unternehmen 1,1 Prozent ihrer Gewinne abführen, um so für die negativen Auswirkungen auf die Umwelt aufzukommen. Die Sätze, so die Ankündigung, würden in den nächsten Jahren stufenweise angehoben werden. Gleichzeitig sollten aber auch diejenigen Firmen belohnt werden, die sich in Sachen Modernisierung, Energieeinsparung und saubere Technologien engagieren und diese zum Einsatz bringen.

Umweltgesetzgebung wird in der Praxis kaum umgesetzt

An Willen etwas zu ändern, da ist sich auch Angelina Davydova, freie Journalistin in St.Petersburg und Moskau, sicher, mangele es also nicht. Doch das Ganze hat auch einen Haken: “Wie fast alle Länder verfügt auch Russland über eine umfangreiche Umweltgesetzgebung, erst vor kurzem wurde sie erneut reformiert. Das wesentliche Problem daran ist, dass sie in der Praxis kaum umgesetzt wird. Für Unternehmen ist es billiger und bequemer Geldstrafen oder Schmiergelder zu zahlen, als umweltschonende Technologien aufwändig zu installieren. Umweltanliegen spielen auch in der russischen Innenpolitik noch immer eine untergeordnete Rolle, da die soziale Entwicklung bisher stark mit dem Wirtschaftswachstum verbunden war.”

Auch in der öffentlichen Meinung stünden, so berichtet sie weiter, Umweltfragen nicht gerade hoch im Kurs. Mit dem Zerfall der Sowjetunion sei das Lebensniveau vieler Einwohner so drastisch gesunken, dass die Fragen der sozialen Sicherheit, der Arbeit und des Gesundheitssystems zu den wichtigsten wurden. Dennoch ließe sich eine zaghafte Tendenz hin zu einem wachsenden Umweltbewusstsein in der Bevölkerung erkennen. Insbesondere die jüngere, gut ausgebildete Generation in größeren Städten interessiere sich zunehmend für Umweltfragen und Umweltschutz.

Umweltbewusstsein steigt mit der Lebensqualität

“Umso stärker die Lebensqualität steigen wird, desto wichtiger und dringlicher werden in Zukunft Umweltfragen in Russlands Öffentlichkeit und Politik diskutiert”, so die Einschätzung der Fachfrau. “Zu erwarten ist eine spürbare Zunahme von Protestbewegungen gegen die Umweltausbeutung.”In den unterschiedlichen Regionen Russlands werde immer mehr gegen die Zerstörung der Naturreichtümer und gegen Neubauten an ökologisch sensiblen Orten demonstriert. Zudem sei zu erwarten, dass das Interesse am Öko-Lebensstil noch weiter zunehme.

Zu den am meisten verschmutzen Städten gehören derzeit Norilsk, Tscherepowez, Novokuznetsk, Lipetsk, Magnitogorsk und Angarsk.

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